Gleichmütiges und ehrgeiziges Unternehmersein – ein Widerspruch?

Gleichmütigkeit – das geht doch nicht zusammen mit notorischer Ungeduld und dem Drang, Dinge unbedingt verändern zu wollen. Letztere gelten gemeinhin als essentielle Wesensmerkmale exzellenter Unternehmer. 

 

Oder geht es vielleicht doch? Da hilft die Unterscheidung zwischen dem Unternehmer als Privatmensch und dem Zweck seines Unternehmens: Als Mensch kann der Unternehmer für sich selbst sehr genügsam, gleichmütig und bescheiden sein. Wenn es aber darum geht, die Bedürfnisse und Wünsche seiner Familie, seiner Mitarbeiter und natürlich allen voran seiner Kunden immer besser zu berücksichtigen, dann sollte der Unternehmer „keine Gefangenen machen“! Wer möglichst wenig durch eigene Egobedürfnisse abgelenkt wird, kann sogar wesentlich fokussierter einer großen Vision folgen, Kunden- und Gemeinwohl im Blick haben.

Solange jedoch große Häuser, dicke Autos und Verschwendung in manchen Kreisen als Inbegriff eines hohen gesellschaftlichen Status gelten, werden einige Unternehmer blind bleiben für die Vorzüge eines selbstbeschränkenden Unternehmerseins. In der neueren StartUp-Szene beobachte ich inzwischen eine hohe Affinität zu bescheidenen, geradezu suffizienten Lebensstilen. Die Baubranche steht für mich hingegen (noch) exemplarisch für einen ego-status-zentrierten Unternehmerstil. Als Unternehmercoach gilt für mich auch hier, Achtsamkeit walten zu lassen und nicht in missionarischen Eifer zu verfallen, wenn meine Kunden ego- oder problemzentrierte Bedürfnisse, gar angst- oder giergesteuerte Motive verfolgen. Alles zu seiner Zeit an seinem Ort – nichts erzwingen, niemanden belehren, sondern heilsam sein und authentisch im Vorbild.

 

Der Unternehmergarten lässt jede „Unternehmerpflanze“ in seinem Tempo wachsen, ohne zu überdüngen, im Wasser zu ertränken oder unter zu viel Sonne verdorren zu lassen. Die Vision von einer Wirtschaft, die allen Menschen dient, auch künftigen Generationen, hat dennoch Dringlichkeit. Ich möchte daher mit einem zeitlosen wie brandaktuellen Zitat von Jiddu Krishnamurti schließen: „Durch unser egozentrisches Tun, durch unsere Vorurteile, unseren Hass, unseren Nationalismus haben wir die Welt zu ihrem jetzigen chaotischen Zustand entwürdigt; und wenn wir sagen, dass wir nichts dagegen tun können, nehmen wir die Unordnung in uns selbst als unvermeidlich hin. Wir haben die Welt in Stücke zerrissen, und wenn wir selbst zerbrochen und zerstückelt sind, werden auch unsere Beziehungen zur Welt entsprechend sein. Aber wenn wir handeln und unsere Handlung eine vollkommene ist, dann vollzieht sich in unserer Beziehung zur Welt eine gewaltige Revolution.“

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